Psychotherapie und Psychotraumatologie
Dr. Joachim Graul
Traumafolgestörungen
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
Viele Menschen erleben im Laufe ihres Lebens mindestens ein hoch belastendes traumatisierendes Ereignis. Die meisten Menschen erholen sich nach derartigen Ereignissen ohne anhaltende psychische Probleme. Andere leiden unter den seelischen wie körperlichen Folgen solcher Ereignisses auf sehr unterschiedliche Weise. Manche Menschen entwickeln eine PTBS, bei anderen äußern sich die Belastungsfolgen in anderen Störungen.
Häufige Symptome der PTBS können beispielsweise ungewolltes Wiederleben von Erinnerungen, Gefühlen und Körpersymptomen in Zusammenhang mit traumatisierenden Erfahrungen, ein durchgängiges Gefühl des Bedrohtseins, das Vermeiden von Gedanken, Personen oder Orten wie auch Reizbarkeit, Schreckhaftigkeit oder ein gestörter Schlaf aufgrund von Alpträumen usw. sein.
Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung (kPTBS)
Menschen, die wiederholt schwere seelische wie körperliche Verletzungen, insbesondere in der Kindheit, durch andere Menschen erfahren mussten oder die die wiederholt über längere Zeit hoch belastenden Erfahrungen bzw. Ereignissen wie z.B. sexuelle Gewalt, Missbrauch, Naturkatastrophen, Kriegshandlungen usw. ausgesetzt waren, erleben als Erwachsene erhebliche seelische wie körperliche Beeinträchtigungen, die weit über die Symptome einer PTBS hinausgehen und daher als komplexe PTBS beschrieben werden.
Neben Symptomen der PTBS kann es u.a. zu Beeinträchtigungen der Fähigkeit, die eigenen Gefühle zu regulieren, zu vermehrten Körpersymptomen, zu einer negativen Entwicklung des Selbstbildes, der Stimmung oder zu Schwierigkeiten bei der Gestaltung von Beziehungen zu anderen Menschen kommen. Nicht selten treten Veränderungen bzgl. des Zeiterlebens, des eigenen Körpers oder dem Erleben der Gegenwart auf; weniger häufig sind Verhaltensweisen wie Selbstverletzungen oder suizidale Gedanken.
Keine der hier genannten Beschwerdebilder sind bei jedem Menschen gleich. Dies Symptome können über die Zeit wechseln und unterschiedlich ausgeprägt sein. Dies gilt auch für die Dauer dieser Beschwerdebilder, wobei Menschen mit einer komplexen PTBS anhaltende Folgebeschwerden aufweisen. Auch wichtig zu wissen: Symptome einer PTBS müssen nicht unmittelbar in zeitliche Nähe zu belastenden Ereignissen auftreten; bei einem Teil der Betroffenen kann sich eine PTBS erst viel später nach dem Ereignis entwickeln.
Behandlung der PTBS
Das Vorgehen in der Behandlung allgemein zu beschreiben ist aufgrund der individuellen Besonderheiten eines jeden Menschen schwierig.
Eine erste Orientierung zu den Behandlungsbausteinen bietet das Schaubild.
Inhalte sind:
- Für innere und äußere Sicherheit sorgen: Sie können lernen, Ihre Gefühle und Spannungszustände zu beruhigen, sich von belastenden Wiedererinnerungen zu distanzieren, dafür zu sorgen, sich in sich und im sozialem Umfeld wieder sicherer zu fühlen.
- Erinnerungen (und den mit ihnen verbundenen Gefühlen, Köprerreaktionen) einen Platz geben: Sie können lernen, sich mit dem Erlebten der Vergangenheit auseinanderzusetzen und diese neu ordnen, das Damals vom Erleben heute zu unterscheiden.
- Vermeidung abbauen: Sie können lernen, dass sie sich Ihren Gefühlen nähern können, dass andere Menschen oder Situationen, die Ähnlichkeiten mit den Erfahrungen von damals haben, heute nicht zwingend eine Gefahr bedeuten, dass es möglich ist, gute Beziehungen für ein zufriedenes Leben aufzubauen.
- Ungünstige Bewertungen und Schlussfolgerungen hinterfragen: Ich unterstütze Sie dabei, negative Aussagen und Schlussfolgerungen auf Ihre eigene Person oder andere Menschen zu überprüfen und diese zugunsten gesünderer Bewertungen und Einstellungen zu sich und anderen zu entwickeln. Dies betrifft insbesondere Themen wie den Umgang mit Schuld, Scham, Ekel, Wut.
- Selbstbewusst für Lebensziele und gute Beziehungen eintreten: Sie können herausfinden, wie Sie sich selbstbewusster für Ihre eigenen Ziele einsetzen, sich abgrenzen gegenüber den Erwartungen anderer, deutlicher bestimmen können, welche Beziehungen Ihnen guttun.
Behandlung der kPTBS
Neben dem bereits bzgl. der PTBS – Symptomatik oben beschriebenen Vorgehens umfasst die Behandlung von Menschen mit einer komplexen PTBS weitere wichtige Bausteine. Um welche Aspekte es dabei gehen kann, soll die folgende Abbildung zeigen:
Häufige Themen in der Behandlung sind daher:
- Vertrauen zu sich und anderen aufbauen: Das gilt für die Beziehung zu Therapeuten:innen wie auch zu den Mitmenschen
- Gefühle regulieren, Krisen bewältigen: Ich unterstütze Sie dabei, sich wieder besser in Ihrer Gefühlswelt zurechtzufinden und Techniken zu erlernen, die emotionale Überwältigung oder den Kontaktverlust zur Gegenwart abbauen helfen.
- Konstruktiver Umgang mit sich: Sie können lernen, ungünstige und wenig hilfreiche Einstellungen und Gedankenmuster in Bezug auf Ihre Person zu überprüfen und für Sie angemessenere Möglichkeiten des Denkens prüfen.
- Gute Beziehungen zu anderen aufbauen: Menschen, die unter anderen Menschen sehr leiden mussten, kann ich unterstützen, Vertrauen zu entwickeln, Nähe auszuprobieren, sich anderen gegenüber selbstbewusst für eigene Bedürfnisse einzusetzen.
Ich glaube daran, dass Menschen trotz hoch belastender Erfahrungen in der Vergangenheit ein den eigenen Bedürfnissen und Zielen entsprechendes Leben gestalten können.
Grundsätzlich finde ich es sinnvoll, Ihre Angehörigen dort, wo es hilfreich wäre, in unsere Arbeit mit einzubeziehen. Diese Möglichkeit besprechen wir dann im Vornherein und Sie entscheiden.